Deponie-Protest mit richtig viel PS
Dülmen. Das Knattern der Motoren dröhnte durch die Stadt. Über die Marktstraße steuerten die zehn schweren Traktoren den Marktplatz an, wo sich am Samstagmittag weit über 500 Menschen versammelt hatten, um ihren Protest mit richtig viel PS gegen eine durch die Firma Remex beantragte Boden- und Bauschutt-Deponie mitsamt Schadstoffen auf dem Gelände der ehemaligen Tongrube Schnermann in der Bauerschaft Rödder deutlich zu formulieren. Die Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder hatte dazu aufgerufen. Vorsitzender Rainer Leiermann war überwältigt von der großen Zahl an Teilnehmern. „Wir wollen mit dem heutigen Tag ein deutliches Zeichen an die Kreisverwaltung senden“, sagte er. Sie wird voraussichtlich im kommenden Jahr die Entscheidung treffen.
Mit Trillerpfeifen, Plakaten und Transparenten machten die Bürger ihren Protest deutlich. „Kein-Giftmüll-Endlager in Dülmen-Rödder“, „Heute Erholung, morgen Remex“ oder „Dioxin + PCB tun noch unseren Kindern weh“ war zu lesen. Ein 25 Meter hoher Kran verdeutlichte, wie hoch die Deponie werden soll.
Leiermann rief „Landrat Püning und seine Mannschaft“ dazu auf, die Pläne nicht zu genehmigen, sondern das ursprünglich vorgesehene Feuchtbiotop mit Kleingewässern in Rödder umzusetzen. Er sprach von einem deutlichen Vertrauensverlust. Die Angst der Anwohner, aber auch der Landwirte sei groß, dass die Schadstoffe von der Deponie in den Boden und so in die Futtermittelkette gelangen könnten. Eine entsprechende Stellungnahme der Landwirtschaft werde dem Kreis am Erörterungstermin, der nach Leiermanns Einschätzung voraussichtlich erst im kommenden Jahr sein wird, übergeben. Ebenso das dicke Paket mit den Protestunterschriften. 12.400 Menschen haben sich seit September in die Listen eingetragen.
Hubertus Trippens, der die Demonstrationsveranstaltung aus der Montagekanzel eines Traktors moderierte, sprach von 27 gefährlichen Schadstoffen, die in der möglichen Deponie eingelagert werden sollen. „Sie schwemmen bei starken Regenfällen in unsere Landschaft.“ Er gab den Verwaltungsbeamten des Kreises Coesfeld den guten Rat, die Bürger nicht zu unterschätzen. „Wir haben die dicken Aktenordner studiert, und deshalb wird unser Protest immer stärker.“ Deutlich kritisierte er das bislang einvernehmliche Handeln der Umweltbehörde des Kreises und der Firma Remex.
Trippens, der weitere Demonstrationen ankündigte, machte deutlich, dass sich der Protest vor dem Rathaus nicht gegen die Stadt Dülmen richte. Der Rat – zahlreiche Vertreter der Fraktionen waren auf dem Marktplatz dabei – habe bekanntlich das gemeindliche Einvernehmen einstimmig verweigert. „Und dafür sagen wir Danke.“
Die stellvertretende Bürgermeisterin Annette Holtrup – die die in Berlin weilende Lisa Stremlau vertrat – knüpfte an, dass der Rat eine Resolution verabschiedet habe. Darin werde betont, dass die Notwendigkeit einer solchen Deponie nicht nachvollziehbar sei. Der Kreis solle sich vielmehr auf die Vermeidung konzentrieren und Schadstoffe ausschließen. „Ich kann Ihnen nicht versichern, dass die Deponie nicht genehmigt wird. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir Ihre Ängste ernst nehmen und versuchen, Einfluss zu nehmen“, rief Holtrup den Bürgern zu.
CDU-Fraktionsvorsitzender Willi Wessels schloss sich mit dem Hinweis an, dass der Dülmener Rat seine Meinung deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Das bisherige Vorgehen des möglichen Betreibers sei nicht vertrauenswürdig. Remex habe erst auf Nachfragen und auf Druck die Summe der Schadstoffe reduziert. „Die Anliegen, die hier vertreten werden, betreffen uns alle. Der Weg führt über das Grundwasser in die Nahrungskette“, warnte Wessels.
SPD-Vorsitzender Jürgen Uckelmann machte deutlich, dass seine Partei geschlossen hinter der Bürgerinitiative stehe und mit ihr kämpfen werde.
UWG Fraktionsvorsitzende Elisabeth Mönning rief die Interessengemeinschaft dazu auf, noch mehr Dampf zu machen.
Für den parteilosen Hartmut Tolksdorf ist klar: „Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt.“
Der Kreissprecher der Bündnis-Grünen, Richard Dammann, übte Kritik an der Verflechtung zwischen dem Kreis Coesfeld und der Firma Remondis, dessen Tochter die Firma Remex ist. Er kritisierte die zurückhaltende öffentliche Bekanntmachung und sprach von „gravierenden Mängeln im Verfahren“. Der Widerstand gegen die Deponie rege sich nicht nur in Dülmen. Man werde auch die Landesebene darauf aufmerksam machen. „Eine 25 Meter hohe Boden- und Bauschutt-Deponie wäre ein Verbrechen an Natur und Umwelt“, sagte Dammann.
Der Naturschutzbund und der BUND haben inzwischen gegen vorbereitende Schritte Klage beim Verwaltungsgericht Münster eingereicht.
Quelle: DzOnline und Dülmener Zeitung vom 22.11.10