Die Auszeit ist vorbei
Von Kristina Kerstan
DÜ LM E N. Nein. „Um den Schlaf gebracht hat mich die Analyse nicht“, sagt Rainer Leiermann, Vorsitzender der Interessengemeinschaft (IG) Naturschutz Rödder. Zwar stelle das Umweltministerium in der Studie, die es in Auftrag gegeben hatte, einen Bedarf an Deponie der Klasse I fest (DZ berichtete). Und im Regierungsbezirk Münster gibt es bislang keine einzige dieser Art.
„Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass ein Bedarf besteht“, sagt Leiermann. Allerdings würde die Analyse auch zeigen, dass im Münsterland, im Vergleich zu den anderen Regierungsbezirken, der Bedarf geringer sei. So geht das Ministerium von rund 4,6 Millionen Tonnen Abfällen pro Jahr in NRW aus, die auf Klasse-I-Deponien abgelagert werden könnten. Davon würden 0,3 Millionen Tonnen, etwa 6,5 Prozent, aus dem Regierungsbezirk Münster kommen. Und gerade Produkte aus thermischen Prozessen würden hier nicht anfallen, so Leiermann, sondern vor allem Bauschutt. Und von Anfang an habe die IG sich gegen einen „Tourismus nach Rödder“ positioniert, betont er.
Abseits der Frage nach dem Bedarf geht es ihm jedoch vor allem um einen Punkt: „Was macht es mit Politik und Verwaltung, wenn man dem Bürger etwas zusagt und das nicht einhält?“, fragt der IG-Vorsitzende. Denn 1996 hätten die Anwohner das schriftliche Versprechen bekommen, dass auf dem Gelände der ehemaligen Tongrube ein Biotop eingerichtet wird – und eben keine Deponie. Genau diesen Punkt will die Interessengemeinschaft auch bei einem Gespräch im Umweltministerium, in Düsseldorf, das in den kommenden Wochen stattfinden wird, ansprechen.
„Das Ergebnis ist für uns inhaltlich nicht überraschend. Es ist so, wie wir es prognostiziert haben“, kommentiert Dr. Ulrike Kalthof, Geschäftsführerin der Remex, das Gutachten des Landes. Sie begrüßt, dass von höchster Stelle nun der Bedarf untersucht worden sei. Das Münsterland sei wegen fehlender Deponien derzeit auf solche Anlagen in anderen Bezirken angewiesen.
Und wie geht das Genehmigungsverfahren jetzt weiter? „Wir waren einen Wimpernschlag von einem Erörterungstermin entfernt“, sagt Kalthof – bevor das NRW- Umweltministerium mit einem Erlass das Verfahren im Mai 2012 auf Eis legte. Die Remex-Geschäftsführerin hofft nun auf eine schnelle Fortführung. „Alle Unterlagen sind, nach unserer Ansicht, vollständig eingereicht.“ Während der Wartezeit habe man überprüft, ob die naturschutzrechtlichen Gutachten noch aktuell seien. Das sei der Fall. „Sachlich hat sich nichts geändert“, sagt Kalthof, die zudem ein Angebot für einen persönlichen Dialog an die Interessengemeinschaft richtet.
Bei der Kreisverwaltung Coesfeld, der zuständigen Genehmigungsbehörde, liegt derzeit nur eine Zusammenfassung der Analyse vor. „Der Erlass ist aufgehoben, formell liegt das Verfahren bei uns“, erläutert Dr. Ansgar Scheipers, der Leiter des zuständigen Fachbereiches Umwelt. In den nächsten Tagen und Wochen warte man nun auf weitere Details zur Bedarfsanalyse vom Land. Auch das Erörtern und Auswerten der Stellungnahmen der sogenannten Träger öffentlicher Belange stehe an.In ganz NRW sind derzeit 14 neue Deponien der Klasse I beziehungsweise Erweiterungen oder Wiederinbetriebnahmen geplant, zeigt die Karte aus der Bedarfsanalyse. In Rödder soll auf dem Gelände einer früheren Tongrube eine Deponie entstehen (kI. Bild).
Ohne Antwort, so Scheipers, sei auch noch eine Forderung der Kreisverwaltung an das Ministerium nach einer überörtlichen Betrachtung. Düsseldorf soll prüfen, wo geeignete Deponiestandorte liegen – und zwar mit Blick auf das gesamte Land Nordrhein-Westfalen.
Diskussion läuft seit fünf Jahren
Seit fünf Jahren läuft die Diskussion um eine Deponie der Klasse 1, die Remex in Rödder plant. Ende 2009 hatte das Unternehmen einen entsprechenden Antrag bei der Kreisverwaltung Coesfeld eingereicht. Die Zahl der Abfallarten, die auf dem Gelände der ehemaligen Tongrube Schnermann abgelagert werden sollen, lag ursprünglich bei über 300 Stoffen. Mittlerweile umfasst der Antrag nach Angaben des Kreises rund 160 Abfallarten, darunter elf mit sogenannten gefährlichen Inhaltsstoffen. Gegen die Pläne formierte sich ab Anfang 2010 massiver Widerstand. Die Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder wurde gegründet, aktuell zählt sie 225 Mitglieder. Diese hat bislang vier Stellungnahmen sowie rund 16.000 Unterschriften bei der Kreisverwaltung eingereicht. Ab Frühjahr 2012 ruht das Verfahren aufgrund eines Erlasses des NRW-Umweltministeriums. Zunächst sollte die Bedarfsanalyse des Landes abgewartet werden.
Quelle: Dülmener Zeitung vom 13.02.14