Widerstand mit Autokran
Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder wehrt sich gegen Deponie-Pläne
Von Kristina Kerstan
DÜLMEN. Was sind 25 Meter? Wer an diesem Septemberabend nach Buldern kommt, dem fällt direkt der Kran in der Ortsmitte auf. Eine Baustelle? Nein, auf dem Parkplatz von van Lendt steht der Autokran. Am Ende des Kranarms dreht sich langsam ein Schild im Wind. „25 Meter“ ist darauf geschrieben – so hoch soll der Deponieberg in Rödder werden. Wer die Gaststätte betritt, der bleibt vorher stehen und legt den Kopf in den Nacken. Auf einfache, aber eindrucksvolle Art demonstriert die Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder an diesem Abend, welcher Eingriff in die Landschaft die Deponie allein optisch wäre.
Es ist das Aufreger-Thema des Jahres: In Rödder, auf dem Gelände der ehemaligen Tongrube Schnermann, will die Firma Remex eine Deponie der Klasse I errichten.
Zum ersten Mal wird das Vorhaben im Bauausschuss im März vorgestellt. Es ist ein denkwürdiger Abend in mehrerer Hinsicht: Drei Ausschüsse tagen ab 17.15 Uhr hintereinander, der Bauausschuss als letzter um 19 Uhr. Sollte er zumindest. Gegen 20 Uhr, nach dem Umweltausschuss, wird eine kurze Pause eingelegt, dann beginnt die Marathonsitzung bis nach 23 Uhr. Mit auf der Tagesordnung steht die Vorstellung der Deponie-Pläne durch Remex und eine Abstimmung über eine bauliche Stellungnahme. Der Ausschuss stimmt mehrheitlich zu, ebenso später der Rat.
Doch je mehr im Anschluss über die Pläne bekannt werden, desto größer wird der Widerstand, vor allem in Rödder. 125 als gefährlich deklarierte Stoffe sind in der ersten Antragsfassung aufgeführt. Für Bezirksregierung und BUND zu viele. Die Liste wird auf 35, später auf 27 reduziert.
Wie groß die Sorgen in Rödder sind, wird bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung im April klar, zu der die Firma Remex einlädt. Auch Vertreter des Umweltamtes der Kreisverwaltung, der zuständigen Genehmigungsbehörde, kommen. Auch nach drei Stunden sind immer noch Fragen offen. Die Kritik an der Informationspolitik von Remex reißt nicht ab. Der Widerstand in Rödder wächst, das Vertrauen in Remex schwindet.
Die Anwohner gründen die Interessengemeinschaft Naturschutz Rödder, Vorsitzender wird Rainer Leiermann. Die Zustimmung ist groß: Die Zahl der Mitglieder wächst rasant, die gestartete Unterschriftenaktion ist ein voller Erfolg. Bis Ende Dezember werden über 13.000 Unterschriften gesammelt. Die Interessengemeinschaft will die Aktion fortsetzen, bis zum Erörterungstermin, der im Laufe des Jahres vom Kreis mit Blick auf noch fehlende beziehungsweise nachzureichende Unterlagen immer weiter nach hinten verschoben wird und nun erst in 2011 stattfindet. Daneben verfasst der Verein eine Stellungnahme, die an Landrat Konrad Püning übergeben wird, eine zweite ist in Vorbereitung. Unterstützung gibt es von der Stadt. Der Rat fasst eine Resolution gegen die Deponie, eine städtebauliche Stellungnahme für den Kreis spricht sich ebenfalls gegen die Pläne aus.
Auch auf dem Schützenfest in Rödder ist die Bürgerinitiative vertreten. Die größte Veranstaltung der Deponie-Gegner ist eine Demonstration mit rund 500 Teilnehmern im November auf dem Markt. Wieder mit dabei: ein Autokran mit einem Schild in 25 Metern Höhe, wie schon bei der Informationsveranstaltung in Buldern. Bei der platzt der Saal von van Lendt aus allen Nähten, Stühle müssen herbeigeschleppt werden, dicht gedrängt sitzen die Leute. Die Veranstaltung ist für die Interessengemeinschaft ein voller Erfolg. Wenn jetzt von einem 25 Meter hohen Deponieberg die Rede ist, dann weiß jeder Anwesender, wie hoch 25 Meter sein können.
Quelle: Dülmener Zeitung vom 31.12.10